Heikle Mitarbeitergespräche, Streit ums Budget, Kritik aus dem Vorstand: Bei Managern ballen sich im Rahmen einer Transformation komplexe Aufgaben. Fünf Tipps dafür, sie zu bewältigen.

Fast wäre Jan Walters* Beziehung zu seiner Frau gescheitert. Denn Walter hat ein Problem. Er kann auf der Arbeit nicht Nein sagen. Stattdessen cancelt er hin und wieder den Familienurlaub. Trotzdem wird die Arbeit nicht weniger.

Wie Walter geht es vielen mittleren Führungskräften, weiß Transformationstrainerin Gudrun Happich. „Ich hatte schon Klienten, die zwei oder drei verschiedene Jobangebote in Vollzeit gleichzeitig übernommen haben, ohne die Machbarkeit dieser Aufgabe je zu hinterfragen.“ Damit konnten die Manager nur scheitern. Und die Schuld liege nicht bei ihren Vorgesetzten, meint Happich. Denn die wüssten häufig nicht, welche konkreten Aufgaben zu einer bestimmten Position gehörten: „Die Aufgabe eines Managers ist es, in Absprache mit dem Vorgesetzten die Rahmenbedingungen herzustellen, unter denen er oder sie den Job erfüllen kann.“

Anhand von fünf Kriterien können Manager entscheiden, welche Herausforderungen sie angehen und wann sie besser Nein sagen.

Kriterium 1: Was kann ich schaffen?

Die Führung von drei Teams in zwei unterschiedlichen Geschäftsbereichen – das ist offensichtlich unmöglich. „Das wichtigste Kriterium, nach dem ich entscheide, ob ich eine Herausforderung auf mich nehme, ist deren faktische Machbarkeit“, erklärt Happich. Daher sollten Manager anfallende Aufgaben nüchtern analysieren. Wer sich von mehreren Jobangeboten persönlich geschmeichelt fühle, neige zu impulsiven Entscheidungen, die man „erst bereut, wenn es zur Eskalation kommt“.

Manche Aufgaben ließen sich bei rationaler Betrachtung kategorisch ausschließen, bei anderen stimme die Zeitplanung nicht oder man bräuchte einen zusätzlichen Mitarbeiter, führt Happich auf. Im offenen Gespräch mit der Vorgesetzten sollten Manager diese Kriterien benennen und deren Umsetzung einfordern. Wenn sich an den Rahmenbedingungen einer unmöglichen Aufgabe nichts ändern lässt, sollten potenzielle Manger sie ablehnen.

Kriterium 2: Was ist jetzt mein höchstes Ziel?

Wenn Manager sich unsicher sind, welche konkrete Aufgabe die höchste Priorität hat, ist ein Austausch mit dem Vorgesetzten notwendig. Alle Aufgaben, die nicht zeitlich oder inhaltlich drängen, empfiehlt Happich deshalb, zu verschieben und dies allen Beteiligten klar zu kommunizieren.

Wichtig für diese Priorisierung ist es, alle Aufgaben konkret zu definieren. Denn vor allem im Rahmen einer Transformation sind sie so zahlreich und kleinteilig, dass Manager schnell den Überblick verlieren, berichtet Silke Rahmani*, Innovationsleiterin eines Industrieunternehmens. In ihrem Unternehmen hielt die Chefetage die Transformation für abgeschlossen, als die neue Organisationsstruktur stand. Rahmani jedoch bewies, dass die neue Struktur noch in enger Abstimmung mit jedem einzelnen Mitarbeiter in den Arbeitsalltag integriert werden muss. Die Erfüllung dieser Aufgabe musste hoch priorisiert werden, nahm aber viel Zeit der Managerin in Anspruch.

Das höchste Ziel ist nicht immer nur das des Unternehmens. Auch die eigene Gesundheit sollten Manager im Blick behalten. Jan Walter etwa dachte, dass es sich lohnen würde, den Familienurlaub sausen zu lassen und stattdessen Probleme auf der Arbeit zu beheben. Doch Happich warnt: „Gesundheitliche Schäden kommen schnell, wenn Manager beginnen, alle Aufgaben wahllos anzunehmen.“

Kriterium 3: Wofür bin ich verantwortlich?

Nicht alle Aufgaben, die auf dem Tisch einer Managerin landen, liegen wirklich in deren Verantwortungsbereich. Deshalb rät die Transformations-Coachin dazu, immer wieder den eigenen Aufgabenbereich zu hinterfragen: „Ist es meine Rolle, Transformationen operativ umzusetzen? Wahrscheinlich eher nicht.“ Die Leitung eines Teams bedeute stattdessen, die Verantwortungsfelder der einzelnen Mitarbeiter voneinander abzugrenzen und deren Ansprechpartnerin bei Problemen zu sein.

Operative Aufgaben gehören demnach zu den Dingen, die eine Führungskraft entweder delegieren oder ablehnen sollte. „Ich bin nicht der größte Held, wenn ich operative Aufgaben übernehme, das ist eher ein Armutszeugnis einer Führungskraft“, formuliert Happich. Stattdessen sollte eine Managerin Mitarbeiter dazu motivieren, Lösungen zu finden.

„Eine Spielregel für das Team könnte sein: Wenn es ein Problem gibt, komm nicht mit dem Problem zu mir, sondern schlage mir zwei Lösungen vor.“ Dadurch würde die Belastung der Managerin deutlich verringert.

Kriterium 4: Worin bin ich gut?

Jeder muss auf der Arbeit Aufgaben erledigen, die keine Freude machen, auch Manager. Allerdings muss man sich bei allen To-Dos auch fragen, wo man den größten Mehrwert fürs Team und fürs Unternehmen bietet. Für welches Problem bin ich die Lösung, sei eine Frage, die zu selten im Raum stehe, findet Happich. „Meist sind die Dinge, für die ich brenne, auch die, bei denen ich die größte Selbstwirksamkeit erlebe.“